Support von der Waldtribüne

„Na leck mich fett!“, meine letzte Kolumne ist echt schon 90 Tage alt! Im Ernst, das war so nicht geplant. Shit!!! Mann, jetzt kapier‘ ich was die älteren Jahrgänge immer meinen mit: „Ach, wie schnell die Zeit vergeht“.

„Na leck mich fett!“, meine letzte Kolumne ist echt schon 90 Tage alt! Im Ernst, das war so nicht geplant. Shit!!! Mann, jetzt kapier‘ ich was die älteren Jahrgänge immer meinen mit: „Ach, wie schnell die Zeit vergeht“. Okay mit fast 40 gehöre ich ja eigentlich auch schon dazu, aber diese Denkweise ist mir ehrlich gesagt ziemlich fremd. Außer im Moment, da wird mir doch mal klar, dass in manchen Lebensbereichen die Zeit scheinbar schneller vergeht. In anderen nicht. Ich meine, was ist in den letzten Wochen nicht alles passiert?

Ich habe seit nem halben Jahr wieder einen regelmäßigen Job und fang demnächst noch mal ne Ausbildung an, mittlerweile ne neue Wohnung und durch den Umzug war ich fast vierzig Tage weder mit Telefon/Internet noch TV versorgt. Das führte übrigens dazu, dass einige Samstage, an denen man hätte Umzugskartons auspacken und Möbel aufbauen sollen, bei Fan-Kumpel Maik vorm Fernseher draufgingen, weil ich HANSA live sehen wollte. Und okay ich gebe es zu, auch meine neue Freundin ist ein Grund warum ich in Sachen Kolumne „ein wenig“ die Zeit vergessen habe.

Aber ansonsten? Mario Gomez ist nicht nur Fußballer sondern auch geretteter chilenischer Bergarbeiter, die Nationalmannschaft kriegt (wofür auch immer!) den „Held der Arbeit Orden in West“ und macht gegen die Türken klar, dass Berlin noch nicht die türkische Hauptstadt ist, der iranische Oberhäuptling klaut unserer Westerwelle vor der UNO die Show, es gibt in Deutschland plötzlich nur noch 2,954 Millionen Arbeitslose, die Grünen sind mittlerweile wieder eine Protestpartei und gegen atomaren Restmüll genauso wie gegen Bahnhöfe, die Schwarz-Gelben aus Dortmund mischen die Bundesliga auf und der Finanzminister zeigt endlich sein wahres Gesicht, wenn er seinen Sprecher vor laufenden Kameras zusammen scheißt. Ach und nicht zu vergessen, Google hat Gott fotografiert, Multi-Kulti funktioniert bei uns wohl am Besten ohne Ausländer, unser Gesundheitsminister ist das größte Lobbyisten-Arschloch von allen und Vettel ist Formal 1-Weltmeister.

Sonst noch was? Natürlich unser geliebter FCH! Ich bin ja hier am Rhein ein Stück weg von der Ostsee und sehe/höre/lese daher immer alles mit einer gewissen Distanz, aber alles was ich seit Saisonbeginn so mitbekam, gefiel mir. Die Veränderungen im Verein, das neue Bewusstsein dort, der Umgang von Fans und Verein miteinander, die neue Süd im Ostseestadion und natürlich die Entwicklung der Mannschaft auf dem Platz. Mir gefiel sogar, dass wir nicht ständig Spitzenreiter waren und sind. All das, inklusive der Spiele die ich live im Stadion erleben konnte, gefiel mir. Und dann das Pyroshow-Spiel in Dresden. Ich lass mich hier über die Nummer nicht auch noch aus, allerdings bleibe ich dabei: Raketen und Böller die beim Einlaufen der Mannschaften im Mittelkreis landen sind so effektlos wie bekloppt! Was mich stört ist, wie es danach weiterging. Von Vereinsseite zeigte man schnell wieder die alten Verhaltensmuster, auf Seiten der Fans war schnell wieder die alte Uneinigkeit da und schon wird wieder (wie in den letzten Jahren auch) über den richtigen Umgang miteinander gestritten. Nur der DFB reagiert wie gewohnt und unser FCH muss zahlen (wie gewohnt). Ich kapier nicht warum wir es nicht schaffen, aus Fehlern zu lernen. Na ja, die Saison ging weiter und ich hatte mich riesig auf das Auswärtsspiel hier in Sandhausen gefreut.

Und natürlich waren wir da. Was da abging kann man an anderer Stelle ausführlich lesen. Ich will nur sagen, was ich anlässlich eines Drittligaspiels am Sandhausener Dorfplatz mitten im Wald an einem Freitagabend erlebt habe, war in Sachen Fußball das Absurdeste. Zuerst diese, alle Grundrechte missachtende, Einlasspolitik: Keiner der im Osten geboren wurde, kam rein! (Übrigens auch die, durch ihren Dialekt eindeutig erkennbaren, Einheimischen ohne Ausweis nicht.) Das Ganze war so dreist, dass sich kaum größerer Widerstand äußerte. Stattdessen die friedliche Verlegung des FCH-Support auf die, mittlerweile sprichwörtliche, Sandhausener „Waldtribüne“ hinter dem leeren Gästeblock. Ebenfalls eine absurde Szenerie, denn beleuchtet vom Flutlicht und beobachtet von einer geschlossenen Reihe grüner Jungs und Mädels, die einen drei Meter hohen wackligen Zaun bewachten, hingen HANSA-Fans in den Bäumen, standen sie im Unterholz und sahen vom Spiel wenn sie Glück hatten, so gut wie nichts. (Von außen betrachtet musste das wirken wie eine TV-Bilder-Collage aus Gorleben und Stuttgart21) Aber ab der ersten Minute war im ganzen Stadion (und bis runter ins Dorf, was ich beim Bier holen erleben durfte) nur ein Support zu hören – der für unseren FC HANSA! Einfach geil!

Ob wir am Sonntag auch nach Wiesbaden fahren, steht noch nicht fest, schließlich hat dieser Dorfverein mittlerweile eine geschlossene Schüssel als Stadion, aber ihr werdet es hier erfahren. HANSA forever!

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Von Olaf Peters

Olaf Peters, Jahrgang 1971, war mit sieben das erste Mal im Ostseestadion und leidenschaftet seit dem mit unserem FCH.

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