Eine neue Kolumne und die am Mittwoch? Ja, ab jetzt immer an diesem Tag und natürlich weiterhin 14tägig.
Mittwoch, der Tag der Woche der, zumindest so lange der europäische Fußball nicht in der heißen Phase ist, noch am fußballfreiesten ist. Ok, heute Abend findet das „eigentlich-nur-ein-Freundschaftsspiel“ gegen England im Wembley statt, aber das ist ja nur eine Ausnahme. (Und trotzdem hat man schon wieder das Problem: ins Kino mit der Liebsten oder fußballgucken mit den Kumpels. Ich sag’s mal so: Do what you want, but do it!) Aber ich schweife ab, der Mittwoch ist (eigentlich) Fußball-frei. Es ist der Tag an dem man sich den Ärger über das erste Heimspiel der Saison endgültig weggeredet hat und die gespannte Vorfreude auf die nächste Auswärtsfahrt einen noch gar nicht gepackt hat (ist ja auch erst am Sonntag). Es ist der Tag an dem man alle Spielberichte gelesen hat und sich vielleicht noch mal nach hinten erinnert oder nach vorne träumt. Ich denke gerade an die beiden vergangenen HANSA-Spiele und wie bzw. wo ich sie erlebt habe. Der August war für mich, HANSA-technisch betrachtet, bis jetzt ziemlich verzwickt: Ich wohne bekanntermaßen im Süden der Republik. Aber beim Spiel in München weilte ich in Mecklenburg und beim ersten Heimspiel im Ostseestadion war ich schon wieder am Rhein in meiner zweiten Heimat. (Dem Leser der jetzt denkt: ‚Was bist du denn für’n Fan?!‘ sei gesagt, ich bin am Sonntag in Frankfurt im Block.) Und außerdem erlebt man auch wenn man nicht im Stadion ist besondere Dinge rund ums Spiel.
Während des ersten Spiels in München war ich in Teterow, eine mecklenburgische Kleinstadt die zu DDR-Zeiten vor allem als Stadt des Bergringrennens zu Pfingsten bekannt war. Heute ist meine Heimatstadt eine typische bundesrepublikanische Kleinstadt im ländlichen Raum, sprich: tote Hose. Und das natürlich auch am 11.August diesen Jahres, nachmittags gegen drei Uhr: Eins, zwei Supermärkte versuchen die, woanders längst üblichen, verlängerten Ladenöffnungszeiten zu kultivieren, während sämtliche Innenstadtgeschäfte schon seit Stunden geschlossen haben. Dementsprechend leergefegt wirkt die Stadt, durch die ich gehe, um zu einer Kneipe zu gelangen, in der es einen P.-Decoder und eine Leinwand gibt. Mir kam auf diesem Weg dieses Klischee-Western-Bild in den Sinn: die einzige Straße im Ort ist menschenleer, die Mundharmonika beginnt zu singen und das Steppengras wird per Windmaschine in runden Ballen durchs Bild gerollt. Es scheint wirklich so, dass sich die „guten“ Bürger der Stadt in ihren Häusern verschanzen, weil es jetzt auf den Straßen zu gefährlich ist. Doch da plötzlich, auf der anderen Straßenseite, ein einsamer Wanderer mit HANSA-Schal. Wenig später zwei jüngere Mitmenschen, mit HANSA-Cap und Shirt, die ebenfalls unterwegs sind. Und dann noch drei Jungs an der Bushaltestelle, die, nachdem sie die Kogge auf meinem Shirt wahrgenommen haben, ihre biergetränkten Stimmen erklingen lassen: Haansaaa! Um in dem Westernbild zu bleiben: Die einzig Mutigen in dieser Stadt,und an diesem Nachmittag, waren HANSA-Fans die das Spiel unbedingt live sehen wollten, aber nicht ins Stadion konnten. Ich fand das Alles faszinierend.
Eine Woche später, wieder zu Hause am Rhein beschloss ich, das Spiel per öffentlich-rechtlicher Höhrfunk-Konferenz zu verfolgen, und dabei Fenster zu putzen. (Ja ich weiß wie spießig und weibisch das klingt, aber erstens war der Anlass ein erster Besuch von einer ziemlichen Wahnsinnsfrau in meiner Wohnung. Und zweitens weiß Jeder der als Single lebt, und weder Mutter noch Putzfrau in der Nähe hat, dass so etwas einmal im Jahr nötig ist.) Also hinein ins frohe Putzen meiner zwei Wohnzimmerfenster und dabei Konferenz hören. Ich hatte mit dem ersten Fenster gerade angefangen, da kommt die Meldung vom 0:1. Ich bin mit dem Fenster fast fertig, 0:2! Na Klasse, meine Motivation war im Keller, was das Fensterputzen betrifft. Ich hatte echt kein Bock mehr, das Zweite auch noch zu putzen. Und während ich mit Bier und Kippe dem Radio lauschend eine Pause machte, fiel mir auf, daß ein sauberes und ein dreckiges Fenster nebeneinander viel besser sind, weil erst im direkten Vergleich der Besuch sehen kann, was ich mir für Arbeit gemacht habe. Na gut, zweite Halbzeit – Anschlußtreffer – Hoffnung – weiter putzen. Zum Sieg hat es leider nicht gereicht, aber zu zwei sauberen Fenstern und einer ziemlich heißen Nacht (in der der Sauberkeitszustand der Fenster ziemlich egal war).
Zurück in der Gegenwart stelle ich wieder mal fest, was für ein unverbesserlicher Optimist ich bin. HANSA hat die ersten beiden Spiele verloren, das ist Scheiße aber, schaut Euch mal unsere Tabellennachbarn an (gute Gesellschaft), oder die Chancenverwertungs-Tabelle im „kicker“: HANSA auf Platz 9. Und wem das noch nicht reicht, dem mach ich jetzt den „Statistiker-Hengst“: In der Saison 1991/92 hat HANSA in den ersten beiden Spielen gegen Bayern und Nürnberg gewonnen, und ist am Ende der Spielzeit abgestiegen…
Allmählich fange ich an, mich auf das Spiel in Frankfurt, den einen Punkt für HANSA und meine Kumpels vom Fanclub „Südwestkurve“ zu freuen.