Oh wie bitter – ein Befreiungsschlag fehlte dem FC Hansa Rostock, um am Ende einen wichtigen Heimsieg gegen Dynamo Dresden einzufahren. Stattdessen erreichte der unzulängliche Pass von Kapitän Sebastian Pelzer in der zweiten Minute der Nachspielzeit nicht Michael Blum sondern ein Dresdener. Postwendend segelte die Kugel noch einmal in den Strafraum der Gastgeber, wo plötzlich Stürmer Poté völlig frei das 2:2 erzielen konnte und den Rostockern statt einem Sieg das neunte Unentschieden der laufenden Saison bescherte. Immerhin konnte sich das Team von Trainer Wolfgang Wolf vom letzten Tabellenplatz lösen und die Rote Laterne an den KSC weiterreichen.
Der Reihe nach – wegen der DFB-Bestrafung aus dem Spiel gegen St. Pauli musste das Spiel gegen Dynamo Dresden, das sonst wohl vor nahezu ausverkauftem Haus stattgefunden hätte, leider ohne Zuschauer ausgetragen werden. Es war erst das zweite Geisterspiel in der deutschen Fußball-Geschichte. 2004 erwischte es die Partie zwischen Nürnberg gegen Aachen. Damals ebenfalls dabei: Wolfgang Wolf. Im Vorfeld hatten die Rostocker Fans zahlreiche Aktionen gestartet, um den finanziellen Verlust des Vereins zumindest etwas abzumildern. Inwieweit dies gelungen ist, werden erst die kommenden Wochen zeigen, wenn alles ausgewertet ist.
Vor leeren Rängen begannen die Rostocker wie die Feuerwehr und überaus effektiv. Es dauerte lediglich 30 Sekunden (!) und schon stand es 1:0 für den FC Hansa. Nach einem Angriff über die Mitte wurde Tino Semmer im Strafraum von den Beinen geholt, doch Schiedsrichter Deniz Aytekin sah den einlaufenden Marcel Schied und damit auch die entstehende Vorteilsituation. Der Hansa-Stürmer kam in Höhe der linken Torraumecke zum Schuss und traf zum 1:0 ins lange Eck. Nach schönem Angriff ergab sich für Marek Mintal dann eine gute Schusschance zum 2:0 – aber Dynamo-Schlussmann Hesl konnte parieren (7.). Dann musste seine gegenüber erstmals gegen Poté eingreifen und konnte zur Ecke abwehren (9.). Eine Minute später rettete Jänicke in höchster Not auf der Linie (10.). In dieser Phase wurden die Dresdner immer stärker und Hansa setzte offensiv nach so wichtiger Führung keine Akzente mehr. Einen Freistoß von Bregerie konnte Müller halten (15.), ein abgefälschter Schuss von Trojan landete auf dem Tor (20.). Bei einem Auslug von Kevin Müller vor seinen Strafraum waren die Hanseaten dann im Glück (26.). In der 35. Spielminute ergab sich Dedic dann eine hundert prozentige Chance zum Ausgleich, der Dresdner Stürmer zielte jedoch zu ungenau und schoss vollkommen freistehend aus Nahdistanz am langen Pfosten vorbei (35.). Gegen Ende der ersten Hälfte taten die Rostocker dann endlich wieder etwas mehr und hatten bei einem überhasteten Abschluss des schwachen Semmer (36.) und bei einem Freistoß und einer driekten Ecke von Blum (39.) noch einmal Gelegenheiten. Doch statt die wichtige Führung in die Pause zu nehmen, fiel doch noch der Ausgleich. Sebastian Schuppan drang in den Strafraum der Rostocker ein und kam nach Zweikampf mit Semmer ins Stolpern – diese Szene bewertete Schiedsrichter Deniz Aytekin mit einem mehr als zweifelhaften Strafstoß (43.). Diesen konnte Dedic recht sicher und zentral verwandeln.
Den besseren Start in die zweite Hälfte erwischten die schwarz-gelben Dresdner, die druckvoller aus der Kabine kamen. Die erste Chance sollten jedoch die Gastgeber haben – nach feiner Freistoßvariante brachte Pelzer den Ball scharf herein, Schied verpasste jedoch knapp (56.). Eine Minute später fiel die erneute Führung für den FCH. Nach einem schönen Angriff vollendente Marek Mintal in „Phantommanier“ per Volleyabnahme eine Flanke von Michael Wiemann zum 2:1 (57.). In der Folgezeit sollte nun Dynamo wieder am Drücker sein. Ein Kopfball aus Nahdistanz von Koch landete in den Armen von Müller (59.), der darauf einen Schuss von Poté parierte (67.). Der FCH hatte noch einmal eine Chance bei einem Kopfball von Müller (73.), eine Flanke des eingewechselten Björn Ziegenbein fand keinen Abnehmer (82.). Nach wiederholtem Foulspiel sah Michael Wiemann die Gelb-Rote Karte, Hansa nun also in den Schlussminuten dezimiert. Mit den Einwechslungen von Dexter Langen und Dominic Peitz versuchte Trainer Wolfgang Wolf den wertvollen Vorsprung über die Zeit zu retten, bis zu in die Nachspielzeit hinein sollte dies dann auch klappen – dann folgte jedoch die unheilvolle zweite Minute der Nachspielzeit.
Für den FCH gilt es nun eine konzentrierte Vorbereitung zu spielen und unter Trainer Wolfgang Wolf die Formation zu finden, die das nach wie vor absolut mögliche Unternehmen Nichtabstieg bewältigen kann. Ein, zwei Neuzugänge wären da sicherlich auch nicht verkehrt.
Trainerstimmen
Wolfgang Wolf (Rostock): Fangen wir am Schluss an: Der Ausgleich tut natürlich weh, weil wir die drei Punkte schon in der Tasche hatten. Da haben wir uns dumm angestellt, aber die Mannschaft ist bei uns intakt und die Moral stimmt. Wir gehen nicht mit so viel Selbstvertrauen ins neue Jahr, aber mit Mut.
Das Spiel hat gut angefangen, dass hat mich sogar selbst überrascht. Aber nach 12 bis 13 Minuten haben wir leider aufgehört und uns zu weit zurückgezogen. Wir hatten Glück, dass wir den Ausgleich nicht schon früher bekommen haben und das Tor war dann überfällig. Da war ich froh, dass wir mit 1:1 in die Pause gekommen sind. Ich habe der Mannschaft dann gesagt, dass es so nicht weitergeht. In der zweiten Halbzeit haben wir gute Angriffe gesehen, Robert Müller traf den Pfosten und das Tor von Marek Mintal fiel so, wie ich mir das vorstelle. Aber wir hatten auch zu viele Ballverluste, da müssen wir dran arbeiten. Ich habe heute mehr Positives als Negatives gesehen. Ich hoffe die Mannschaft macht ihre Hausaufgaben, dann greifen wir an und werden noch für die eine oder andere Überraschung sorgen.
Ralf Loose (Dresden): Wir haben heute ein Spiel gesehen, wie wir uns das nicht vorstellen. Meine Mannschaft hat die Zuschauer offenbar zu Beginn noch gesucht und schon waren wir in Rückstand. Nach der Anfangsphase haben wir uns gefangen, zielstrebig nach vorne gespielt, aber im Angriff nicht die Durchschlagskraft gehabt. Dadurch mussten wir lange auf den Ausgleich warten, als Dedic den Elfmeter eiskalt verwandelt hat.
In der zweiten Halbzeit wollten wir viele Dinge besser machen, was uns aber nicht so gut gelungen ist und so sind wir wieder in Rückstand geraten. Das hat dem Gegner natürlich wieder Moral gegeben. Ich habe Pavel Fort noch gesagt, er soll Pote etwas aufbauen und das wir bis zum Schluss an uns glauben müssen und dann hat es ja auch noch geklappt. Schlussendlich ist es bei uns immer das Gleiche: Wir spielen guten Fussball und machen in der Abwehr leichte Fehler. Insgesamt haben wir aber eine gute Punkteausbeute bisher und die Mannschaft ist absolut intakt.
2. Bundesliga 2011/12, 19. Spieltag
FC Hansa Rostock – SG Dynamo Dresden 2:2 (1:1)
Rostock: K. Müller – Wiemann, Kostal, Holst, Pelzer, R. Müller, Blum – Semmer (70. Ziegenbein), Jänicke (84. Langen) – Schied (87. Peitz), Mintal.
Dresden: Hesl – Cheikh Gueye (86. Pfeffer), Bregerie, Jungwirth, Schuppan – Solga, Papadopoulos (77. Kegel), Koch, Trojan – Pote, Dedic (77. Fort).
Tore: 1:0 Schied (1.), 1:1 Dedic (43., Foulelfmeter), 2:1 Mintal (57.), 2:2 Poté (90.+2).
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach).
Gelbe Karten: R. Müller – Bregerie.
Gelb-Rote Karte: Wiemann (83., wiederholtes Foulspiel)
Zuschauer: keine. Das Spiel fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.