Kommentar: Der Fisch stinkt vom Kopf her

Es herrscht Krisenstimmung in Rostock. Am Montag musste Hansa-Trainer Peter Vollmann zum Rapport. Der Vorstand der Kogge hatte gerufen und wollte sich einen Eindruck von dem bisherigen Sachschaden machen.

Es herrscht Krisenstimmung in Rostock. Am Montag musste Hansa-Trainer Peter Vollmann zum Rapport. Der Vorstand der Kogge hatte gerufen und wollte sich einen Eindruck von dem bisherigen Sachschaden machen. Und verlangte nebenbei ein Konzept vom Cheftrainer, wie man die Krisenstimmung in Aufstiegsjubel verwandeln könnte.

Finanzen hui – Fußballkompetenz pfui

Vollmann kam, sprach und siegte – vorerst. Der FC Hansa Rostock, einst der Stolz der Wende-Generation, ist schwer angeschlagen. Nicht, weil man lediglich einen Punkt Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz hat, sondern weil sich in stürmischen Zeiten die Führungsetage in blanken Aktionismus verfängt, anstatt den vor eineinhalb Jahren eingeschlagenen Kurs beizubehalten.

Gleich mehrere Dinge sind besorgniserregend beim FC Hansa. Auffallend ist, dass sich der Vorstand in die Angelegenheiten des Managers einmischt. Trainerentlassung liegen nicht in den Händen des Vorstandes – dies ist ausschließlich Sache des Rostocker Managers, Stefan Beinlich.

Sollte der Vorstand über Beinlichs Kopf hinweg den Trainer infrage gestellt haben, wäre das eine Ohrfeige für den angesehenen Ex-Nationalspieler. Sollte er von dem Rapport gewusst haben oder ihn gar initiiert haben, wäre das ein Zeichen dafür, dass beim FC Hansa keine Kontinuität einkehren wird. Vollmann ist Beinlichs Wahl gewesen. Diesen in der ersten Krise abzusägen, erinnert einen an den Hamburger SV und dessen Trainerverschleiß. Ein Blick auf die Bundesligatabelle sollte einem schnell verraten, dass der Ansatz der hohen Trainerfluktuation keine mittelfristige Lösung sein kann.

Die Fakten sprechen für Vollmann

In jedem Fall ist die Infragestellung des Rostocker Trainers grundlos. Laut Transfermarkt.de hat Hansa den Kader mit dem zweitschlechtesten Marktwert. Nun muss der Marktwert einer Mannschaft nicht dessen Leistung widerspiegeln, aber eine Signifikanz zwischen Preis und Leistung zu leugnen, ist naiv. Peter Vollmann hat also nicht das beste Spielermaterial zur Verfügung. Dieses Kapitel kann man ziemlich schnell abhaken. Rostock hatte zu Saisonbeginn kein Geld für teure Neuzugänge.

Dem Trainer daraus nun einen Strick zu knoten, ist der falsche Ansatz. Immerhin hat Vollmann mit einer wild zusammengewürfelten Truppe zur Saison 2010/11 den direkten Wiederaufstieg geschafft. Etwas, was kein Fußball-Experte in der Republik den Hanseaten zugetraut hat. Vergessen sind die Worte von Manager Stefan Beinlich: Man habe einen Drei-Jahres-Plan und wolle am Ende wieder in der 2. Liga sein. Das dies zwei Jahre schneller ging als geplant, kann man Vollmann jetzt nicht ankreiden. Wäre Vollmann mit einer eingespielten, gefestigten Mannschaft – vielleicht erst nach drei Jahren – wiederaufgestiegen, dann würde man sich leichter tun die Klasse zu halten. Das zeigt das Beispiel Braunschweig.

Hansa hat in dieser Saison achtmal unentschieden gespielt – so oft wie keine andere Mannschaft. Ein Team, das achtmal unentschieden spielt, ist nicht schlecht, sondern gut. Diese Statistik weißt auf eine feste Mannschaftsstruktur hin, eine gute taktische Ausbildung und – vor allem – von Zweitliga-Tauglichkeit. Es fehlen lediglich die Tore.

Stürmer gesucht

Auch die Art und Weise wie Rostock die 2. Liga erklomm, ist beeindruckend. Offensiv, munter und spielfreudig zeigten sich die Hanseaten. Etwas, was man auch in der Mehrzahl der Zweitliga-Spiele sehen konnte. Es gab Spiele, vor allem zu Saisonbeginn, wo Hansa Chance um Chance vergeigte. Nicht der Trainer schoss die Bälle am Gehäuse vorbei, sondern die Hansa-Spieler. Einen gestandenen Stürmer hätte Vollmann benötigt, aber für den hat Stefan Beinlich kein Geld mehr im Portemonnaie gehabt.

Als Aufsteiger darf man verlieren

Als Grund für den Rapport von Vollmann gab der Vorstand die bittere 2:5-Niederlage gegen Union Berlin an. Hat Herr Hofmann und Co. vergessen, dass der FCH ein Aufsteiger ist? Jedes Jahr verlieren Aufsteiger mit hohen Resultaten und halten dennoch den Ligaverbleib.

Werder Bremen verlor erst unlängst 0:5 gegen Mönchengladbach. Hat man dort den Trainer zum Rapport gebeten? Mit einem 2:0-Erfolg gegen den VfB Stuttgart bedankten sich die Mannschaft und Trainer für das in sie gesteckte Vertrauen. Vertrauen, dass dem Trainer in Rostock offenbar nicht mehr entgegen gebracht wird.

Mit einem Trainer wie Peter Vollmann in die dritte Liga abzusteigen, wäre mittelfristig eine bessere Lösung, als einen erfahrenen Trainer zu nehmen, der die Mannschaft wieder auf Kurs bringt, aber in der nächsten Saison zu einem ähnlichen Zeitpunkt vor demselben Problem stehen könnte. Wenn es heißt, kein Geld, kein Spielermaterial, kein Vertrauen in den Trainer.

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Von Andreas Ludwig

Andreas Ludwig lebte bis 2004 in Rostock und arbeitete später für den Münchener Fernsehsender Sport1.

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